Der § 613 S.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt, dass ein Arbeitnehmer – genauer gesagt “der zur Dienstleistung Verpflichtete” – die Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat. Dies bedeutet, dass mit dem Tod eines Arbeitnehmers auch desssen Arbeitsverhältnis endet. Etwaig noch bestehende Ansprüche auf einen rückständigen Lohn bleiben aber beispielsweise erhalten und können vererbt werden. Mithin stellt sich die Frage, was mit den Ansprüchen eines verstorbenen Arbeitnehmers passiert, wenn dieser Diensterfindungen gemacht hat, also ein Arbeitnehmererfinder im Sinne des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbnErfG) war.
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Das Arbeitnehmererfindergesetz sagt hierzu, dass die Rechte und Pflichten aus diesem Gesetz durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht berührt werden (§ 26 ArbnErfG). Hierbei ist es unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder eben durch den Tod des Arbeitnehmers aufgelöst wurde. Auch spielt es bei der nachstehenden Betrachtung keine Rolle, ob der Arbeitnehmer zunächst gekündigt und somit das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat und erst danach verstorben ist. Es ist also festzuhalten, dass die Ansprüche des Arbeitnehmererfinders grundsätzlich vererbbar sind. Allerdings sind hiervon nicht sämtliche Ansprüche umfasst, wobei nachstehend ein Blick auf die wesentlichen Ansprüche des Arbeitnehmerfinders und deren Relevanz für das Erbe geworfen werden soll.
Der sogenannte Vergütungsanspruch (§ 9 ArbnErfG) entsteht dem Grunde nach, wenn der Arbeitnehmererfinder die Diensterfindung gemeldet und der Arbeitgeber die Erfindung in Anspruch genommen hat. Der Vergütungsanspruch und dessen Höhe bemisst sich dabei unter anderem nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung. Dieser Vergütungsanspruch ist vererblich, wobei etwaige Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer zu dessen Lebzeiten zu berücksichtigen sind. Bestehen bislang keine Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und dem mittlerweile verstorbenen Arbeitnehmer, so sind entsprechende Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Erben und dem Arbeitgeber zu treffen.
Einen weiteren Aspekt, der beim Tod eines Arbeitnehmererfinders zu berücksichtigen ist, stellt die sogenannte Auslandsfreigabe (§14 (2) ArbnErfG) dar. Hierzu ein Beispiel: Der Arbeitgeber hat nach der Inanspruchnahme der Diensterfindung zunächst pflichtgemäß eine deutsche Patentanmeldung zu der Erfindung eingereicht. Neben der deutschen Patentanmeldung hat der Arbeitgeber auch das Recht, die Diensterfindung im Ausland als Schutzrecht anzumelden. In der Regel erfolgt dies binnen eines Jahres nach der deutschen Patentanmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität aus der deutschen Patentanmeldung. Möchte der Arbeitgeber jedoch auf eine Auslandsnachanmeldung in allen oder bestimmten Ländern verzichten, so hat er dem Arbeitnehmer die Diensterfindung freizugeben und ihm auf Verlangen den Erwerb von Auslandsschutzrechten zu ermöglichen. Wenn nun der Arbeitnehmererfinder zwischenzeitlich verstorben ist, muss der Arbeitgeber dann den Erben die Auslandsfreigabe erteilen? Nein, denn der Anspruch auf Auslandsfreigabe wird als ein höchstpersönlicher Anspruch angesehen, der nur vom Arbeitnehmer persönlich wahrgenommen werden kann und daher nicht vererblich ist. Anders ist dies nur dann, wenn der Verstorbene noch zu Lebzeiten die Freigabeerklärung des Arbeitgebers erhalten und in Anspruch genommen hat.
Des Weiteren besteht auf Seiten eines Arbeitnehmererfinders ein sogenannter Übertragungsanspruch (§16(1) ArbnErfG). Auch hierzu ein Beispiel: Der Arbeitgeber hat die Diensterfindung in Anspruch genommen und sowohl in Deutschland als auch in den USA und China entsprechende Patente angemeldet. Möchte der Arbeitgeber in der Folge die Patentanmeldung oder gar ein bereits erteiltes Patent in den USA aufgeben, so hätte er dies dem mittlerweile verstorbenen Arbeitnehmer mitzuteilen und ihm auf dessen Verlangen und Kosten das Schutzrecht zu übertragen. Diesen Übertragungsanspruch können die Erben geltend machen, er ist folglich ebenfalls vererblich. Ausnahme ist hierbei, sofern der Arbeitnehemererfinder bereits zu Lebzeiten im Rahmen einer Vereinbarung auf seinen Übertragungsanspruch verzichtet hat. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die Arbeitnehmer die aufgegebenen Schutzrechte in der Regel nicht übernehmen möchten und der Verwaltungsaufwand in der Patentabteilung des Unternehmens hierdurch deutlich reduziert werden kann.
Die vorangehend beschriebenen Beispiele basierten darauf, dass die Diensterfindung bereits ordnungsgemäß durch den Arbeitnehmererfinder gemeldet und durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen wurde. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen der Arbeitnehmererfinder die Diensterfindung gemacht, jedoch verstorben ist, noch ehe er die Diensterfindung dem Arbeitgeber melden, sprich: seiner Meldepflicht (§5 ArbnErfG) nachkommen, konnte. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die Erben in der Pflicht sind, diese Diensterfindung zu melden, sofern die Erben über diesen Wissensstand verfügen. Ein solcher Wissensstand kann sich beispielsweise aus Aufzeichnungen des Verstorbenen ergeben. Ist eine solche Erfindungsmeldung durch die Erben erfolgt, muss der Arbeitgeber die Inanspruchnahme oder auch die Freigabe gegenüber den Erben erklären. Die vorangehenden Ausführungen zu dem Vergütungsanspruch, der Auslandsfreigabe und dem Herausgabeanspruch gelten anschließend entsprechend.
Wer sich noch detailliertere Informationen zum Arbeitnehmererfindergesetz wünscht, der wird in unseren Blogbeiträgen “Erfindung eines Arbeitnehmers“, “Nach der Inanspruchnahme der Diensterfindung” und “Erfindervergütung des Arbeitnehmers berechnen” sicher fündig.