Patente des Wettbewerbers bekämpfen

Im Blogbeitrag „Verfahren bei Patentverletzung“ wurde bereits auf den Ablauf eines Patentverletzungsverfahrens eingegangen, das mit einer vorprozessualen Abmahnung des vermeintlichen Patentverletzers seinen Anfang nimmt. Dies ist jedoch bereits ein relativ später Zeitpunkt, um gegen ein solches Patent vorzugehen und in der Regel auch mit einem hohen Kostenrisiko verbunden. Es empfiehlt sich daher, deutlich früher Maßnahmen zu ergreifen, um Patente eines Wettbewerbers zu bekämpfen. Nachstehend sollen daher vorbeugende Maßnahmen am Beispiel eines deutschen Patents eines Wettbewerbers beleuchtet werden.

Den vorliegenden Blogbeitrag können Sie sich auch in unserem
Podcast Patent, Marke & Co. anhören.

Schritt 1: Überwachung

Um möglichst früh in Erfahrung zu bringen, ob ein kritisches Patent auf Seiten eines Wettbewerbers entstehen könnte, empfiehlt sich eine Überwachung des Patentregisters. Bei dieser Überwachung wird das Register regelmäßig auf neu veröffentlichte Patentanmeldungen untersucht. Dabei kann gezielt nach neuen Patentanmeldungen eines bekannten Wettbewerbers gesucht werden. Alternativ oder ergänzend ist es möglich, nach neuen Patentanmeldungen in bestimmten Patentklassen zu recherchieren, die das eigene technische Gebiet betreffen und mithin eine Gefahr unabhängig vom jeweiligen Patentanmelder darstellen könnten.

Im Idealfall wird das potentielle Patent bereits in dessen Anmeldestadium ermittelt, ohne dass bereits ein Patent erteilt wurde. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine Patentanmeldung erst nach deren Veröffentlichung ermittelt werden kann, wobei diese Veröffentlichung 18 Monate nach dem Anmeldetag oder Zeitrang der Patentanmeldung erfolgt, so dass ein gewisser zeitlicher Versatz gegeben ist. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass ein Patent innerhalb von 18 Monaten nach dem Anmeldetag oder Prioritätstag und somit noch vor der Veröffentlichung der zugehörigen Patentanmeldung erteilt wird, so dass man unmittelbar mit einem erteilten Patent konfrontiert ist. Angesichts relativ langer Prüfungsverfahren ist dies jedoch eher selten der Fall.

Schritt 2: Einschätzung

Wurden im Rahmen der Überwachung Patentanmeldungen, die das Potenzial zur Erteilung eines Patents mit einem störenden Schutzumfang haben, so sind diese Patentanmeldungen weiterhin gezielt zu überwachen, während als irrelevant eingestufte Patentanmeldungen aus der weiteren Überwachung genommen werden können. Im Rahmen der gezielten Überwachung potentiell kritischer Patentanmeldungen kann insbesondere anhand des im Register nachvollziehbaren Prüfungsverlaufs ermittelt werden, ob tatsächlich ein Patent mit einem kritischen Schutzumfang zu entstehen droht.

Ist der seltene Fall eingetreten, dass das Prüfungsverfahren bereits abgeschlossen ist und man unmittelbar mit einem erteilten Patent konfrontiert wird, so geht es direkt um die Frage, ob der durch die Ansprüche des Patents bereits klar definierte Schutzumfang eine Gefahr für die bestehenden oder zukünftigen Produkte darstellt. Sollte dies der Fall sein, so kann unmittelbar mit dem später näher beschriebenen Schritt 5 fortgefahren werden.

Schritt 3: Recherche- oder Prüfungsantrag stellen

Eine Besonderheit des deutschen Patentrechts besteht darin, dass man zwar eine Patentanmeldung einreichen kann, jedoch nicht von vorneherein einen Prüfungsantrag stellen muss. Vielmehr kann der Prüfungsantrag erst bis zu sieben Jahre nach der Einreichung der Patentanmeldung gestellt werden. So lange behält die Patentanmeldung ihren Anmeldestatus, wodurch die potentielle Gefahr für die Konkurrenz, die später aus einer solchen Patentanmeldung erwachsen könnte, erhalten bleibt, ohne dass die Möglichkeit einer frühzeitigen Einschränkung des Patentbegehrens gegeben ist. Bildlich gesprochen ist eine solche Patentanmeldung mit einem Schlachtschiff vergleichbar, dessen Waffenarsenal man zwar kennt, von dem man aber nicht weiß, welche Waffen letztlich scharf und einsatzbereit sind. Um diese Unsicherheit zu beseitigen, können Dritte – auch gegen den Wunsch des Patentanmelders – einen Prüfungsantrag oder Recherchantrag stellen, damit das Patentamt aktiv wird und gegebenenfalls einen tödlichen Stand der Technik ermittelt. Zwar wird der Patentanmelder auf diese Weise darauf aufmerksam gemacht, dass sich jemand an seiner gegebenenfalls wertvollen Anmeldung stört, allerdings kann der Prüfungs- oder Recherchantrag durch einen beliebigen Dritten gestellt werden, ohne dass sich der eigentliche Konkurrent zu erkennen geben muss. So ist es beispielsweise durchaus üblich, dass ein solcher Prüfungs- oder Rechercheantrag durch einen Patentanwalt im eigenen Namen gestellt wird, wobei es dann natürlich sinnvoll ist, dass dieser Patentanwalt nicht bereits als Vertreter des eigentlichen Konkurrenten bekannt ist, um keine schlafenden Hunde zu wecken

Schritt 4: Eingabe Dritter

Sollte sich das Prüfungsverfahren der gezielt überwachten Patentanmeldung in eine Richtung entwickeln, die aufgrund des im Prüfungsverfahren diskutierten Standes der Technik die Erteilung eines kritischen Patents wahrscheinlich macht, besteht ferner die Möglichkeit der sogenannten „Eingabe Dritter“. So können unbeteiligte Dritte dem Patentamt Druckschriften des Standes der Technik angeben, die der Erteilung eines Patents entgegenstehen könnten. Spätestens zu diesem Zeitppunkt sollte man also Druckschriften recherchiert haben, die zumindest geeignet sind, den Schutzumfang des gegebenenfalls zu erteilenden Patents einzuschränken. Auch die „Eingabe Dritter“ kann durch jedermann vorgenommen werden, ohne dass sich der eigentliche Konkurrent zu erkennen geben muss. Eine Verfahrensbeteiligung wird hierdurch jedoch nicht erreicht, so dass man nicht argumentativ in das Prüfungsverfahren eingreifen kann und strategisch abwägen muss, ob man sich die Druckschriften gegebenenfalls für den nächsten Schritt aufspart, nämlich ein Einspruchsverfahren, in welchem man am Verfahren beteiligt ist.

Schritt 5: Einspruch

Ist aus der überwachten Patentanmeldung ein Patent mit einem kritischen Schutzumfang oder gar noch vor Offenlegung der Patentanmeldung ein kritisches Patent erteilt worden, so haben Dritte die Möglichkeit, innerhalb von neun Monaten nach der Veröffentlichung der Patenterteilung Einspruch gegen das Patent zu erheben. Der Einspruch zielt im Wesentlichen darauf ab, den Schutzumfang des Patents auf ein ungefährlicheres Maß einzuschränken oder das Patent in Gänze zu vernichten, wobei der Einspruch im Idealfall auf Grundlage eines Standes der Technik erhoben werden sollte, der noch über den im Prüfungsverfahren bereits erörterten Stand der Technik hinausgeht. Spätestens zum Zeitpunkt des Einspruchs sollte also eine umfangreiche Stand-der-Technik-Recherche durchgeführt worden sein, um entsprechende Dokumente o. ä. vorweisen zu können, die man gegebenenfalls noch nicht im Rahmen der Eingabe Dritter vorbringen wollte. Auch im Rahmen des Einspruchs muss man sich als Konkurrent nicht zwangsläufig zu erkennen geben, vielmehr eröffnet auch der Einspruch als Popularrechtsbehelf die Möglichkeit, den Einspruch durch einen anderen, gegebenenfalls durch einen Patentanwalt in dessen Namen, erheben zu lassen. Gegen eine unvorteilhafte Entscheidung im Einspruchsverfahren ist ferner Beschwerde möglich.

Schritt 6: Nichtigkeitsklage

Hat keiner der vorangehenden Schitte zum Erfolg geführt, bleibt letztlich nur noch eine Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht, um das Patent teilweise oder gänzlich zu beseitigen. Da eine Nichtigkeitsklage mit einem sehr hohen Prozesskostenrisiko verbunden ist, will diese Maßnahme reiflich überlegt sein. Auch sollte die Klage idealerweise auf einen Stand der Technik gestützt sein, der noch nicht in einem Einspruchsverfahren berücksichtigt wurde, um nicht gegen dieselbe argumentative Wand zu laufen. Als Popularklage gestattet eine Nichtigkeitsklage auch grundsätzlich eine Klageerhebung durch einen „Strohmann“.

Defensive Alternativen

Wer es defensiver mag und die vorangehend genannten Schritte nicht oder nicht in Gänze gehen möchte, kann sich beizeiten, also beispielsweise nach der Ermittlung einer kritischen Patentanmeldung des Wettbewerbers, Gedanken zu Umgehungslösungen machen, die nicht in den potentiellen oder tatsächlichen Schutzumfang eines gegnerischen Patents fallen. Auch der konsequente Aufbau eines eigenen Patentportfolios, das dem Wettbewerber und Inhaber des neuen Patents gefährlich werden kann, ist zu überlegen, um eine gewisse Verhandlungsmasse zu schaffen, die eine gütliche Einigung beispielsweise im Rahmen der Vergabe gegenseitiger Lizenzen ermöglicht, ohne sich in zeit- und kostenaufwändigen amtlichen oder gerichtlichen Verfahren auseinandersetzen zu müssen.