Verfahren bei Patentverletzung

Im Grunde laufen Patentverletzungsprozesse in Deutschland meist nach demselben Schema ab, das nachstehend kurz umrissen werden soll, damit sowohl Patentinhaber als auch möglicher Verletzer einen Eindruck davon bekommen, worauf man sich einlässt.

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Abmahnung

Noch ehe eine Verletzungsklage eingereicht wird, sollte der vermutete Patentverletzer abgemahnt werden, um letzterem die Möglichkeit zu geben, die Patentverletzung und die Ansprüche des Patentinhabers anzuerkennen. Dies ist weniger der Höflichkeit geschuldet als vielmehr der Zivilprozessordnung. Erkennt der Beklagte nach Einreichung einer Verletzungsklage nämlich die Ansprüche des Patentinhabers sofort an, so fallen dem Kläger – unabhängig von der eingestandenen Patentverletzung – die Prozesskosten zur Last. Mit der Abmahnung vor Klageeinreichung kann dies verhindert werden, wobei dringend davon abgeraten wird, die Abmahnung auf eigene Faust durchzuführen, vielmehr sollte bereits hierfür ein versierter Anwalt hinzugezogen werden, um die formellen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung sicher zu erfüllen.

Verfahren vor dem Landgericht (1. Instanz)

Erkennt der Abgemahnte die Verletzung nicht an, folgt die Einreichung der Verletzungsklage nebst Zahlung der Gerichtsgebühr. Zuständig für Verletzungsklagen sind in Deutschland die Landgerichte, wobei im Sinne einer Konzentration dieser Verfahren Patentstreitkammern an vereinzelten Landgerichten eingerichtet wurden (München, Nürnberg, Mannheim, Frankfurt, Saarbrücken, Erfurt, Leipzig, Magdeburg, Düsseldorf, Braunschweig, Berlin und Hamburg).

Nach Entrichtung der Gerichtsgebühr, die sich bei einem angenommenen Streitwert von 1.000.000,- EUR beispielsweise auf 17.643,- EUR beläuft, wird die Klageschrift an den Beklagten übermittelt. Die Klageschrift sollte dabei bereits die meisten Beweise enthalten, die Ausarbeitung derselben nimmt aus diesem Grunde auch einen Großteil der investierten Zeit in Anspruch. Nach der Antwort der Beklagten folgen in der Regel mindestens noch jeweils ein Schriftsatz der Parteien, ehe die mündliche Verhandlung stattfindet, wobei mit einem Urteil etwa einen Monat nach der Verhandlung zu rechnen ist. Insgesamt ist in der ersten Instanz mit einer Verfahrensdauer von mindestens einem Jahr zu rechnen.

Verfahren vor dem Berufungsgericht (2. Instanz)

Sollte das Urteil des Landgerichts zu Ungunsten des Patentinhabers oder/und des Verletzers gefällt worden sein, so besteht für diesen/diese die Möglichkeit der Berufung an das Oberlandesgericht. Unterstellt man den oben genannten Streitwert in Höhe von 1.000.000,- EUR, fallen in der zweiten Instanz Gerichtskosten in Höhe von 23.524,- EUR an. Auch in der Berufung ist mit mindestens zwei Eingaben pro Partei zu rechnen ist, ehe es zu einer mündlichen Verhandlung kommt.

In seltenen Fällen wird durch das Oberlandesgericht eine Revision an den Bundesgerichtshof zugelassen, in noch selteneren Fällen auch auf Antrag einer Partei, wenn das Oberlandesgericht dem nicht stattgibt.

Prozesskostenrisiko

Wenngleich ein Patentverletzungsprozess in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern recht kostengünstig gestaltet ist, so gilt es doch, die Prozesskosten im Auge zu behalten. Hier fließen neben den bereits oben erwähnten Gerichtskosten auch die Anwaltskosten ein. Sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten lassen sich anhand des Streitwertes einerseits und des Gerichtskostengesetzes (GKG) sowie des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) andererseits berechnen. Komfortabel kann man eine entsprechende Kostenberechnung mit Hilfe des Online-Rechners des Deutschen Anwaltsvereins durchführen. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass die Parteien in der Regel durch sowohl einen Rechtsanwalt als auch einen Patentanwalt vertreten werden, was die berechneten Anwaltskosten auf beiden Seiten verdoppelt.

In unserer Beispielrechnung kommt man bei dem bereits unterstellten Streitwert von 1.000.000,- EUR im Abmahnverfahren auf Kosten in Höhe von 8.051,18 EUR, in der ersten Instanz (Landgericht) auf Prozesskosten in Höhe von 71.459,92 EUR und in der zweiten Instanz (Oberlandesgericht) auf Prozesskosten in Höhe von 92.778,20 EUR, wobei in den Prozesskosten jeweils die doppelten Anwaltskosten berücksichtigt wurden.

Hierbei gilt das Unterliegensprinzip, d.h. die unterlegene Partei trägt die Prozesskosten, also sowohl die Gerichtskosten als auch die eigenen und gegnerischen Anwaltskosten. Gibt es keinen eindeutigen Gewinner, so verteilen sich die Kosten anhand des Verhältnisses zwischen Sieg und Niederlage zwischen den Parteien. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich die zu erstattenden Anwaltskosten zwar anhand des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechnen lassen, die Parteien in der Regel aber höhere Stundensätze mit ihren Vertretern vereinbaren, so dass die eigentlichen Anwaltskosten höher sind. Der über den gesetzlich berechneten Betrag hinausgehende Betrag für den gegnerischen Anwalt muss jedoch nicht durch die unterlegene Partei erstattet werden.

Stellt das Verletzungsgericht überdies eine Patentverletzung fest, so hat die verklagte Partei neben den oben genannten Prozesskosten selbstverständlich auch den Schaden zu ersetzen, der dem Patentinhaber durch die Patentverletzung entstanden ist, wobei die Höhe des Schadensersatzes im Wesentlichen von Dauer und Umfang der Verletzung abhängt.

Angriff ist die beste Verteidigung? Paralleles Nichtigkeitsverfahren.

Der im oben beschriebenen Verfahren beklagte Patentverletzer ist nicht gezwungen, sich auf eine reine Verteidigung im Verletzungsverfahren zur beschränken, vielmehr kann er seinerseits ein Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent vor dem Bundespatentgericht anstrengen. Ziel eines solchen Nichtigkeitsverfahren ist es, das Patent gänzlich zu vernichten oder dessen Schutzbereich einzuschränken, so dass dem Verletzungsverfahren die Grundlage entzogen oder keine Verletzung mehr gegeben ist. Auch im Nichtigkeitsverfahren ist mit mindestens zwei Eingaben der Parteien zu rechnen, ehe eine mündliche Verhandlung stattfindet, zu deren Ende die Entscheidung verkündet wird. Das Nichtigkeitsverfahren dauert etwa 2 bis 3 Jahre. Als zweite Instanz ist hier noch die Berufung an den Bundesgerichtshof (BGH) möglich, der endgültig entscheidet, wobei auch für die Berufung nochmals knapp etwa 2 bis 3 Jahre einkalkuliert werden sollten.

Das Problem ist jedoch, dass das Verletzungsverfahren in der Regel nicht ausgesetzt wird, nur weil ein Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent angestrengt wurde. Das Verletzungsgericht ist noch weniger geneigt, das Verfahren auszusetzen, wenn das Patent bereits ein Einspruchsverfahren überstanden hat. Nur in eindeutigen Fällen der abzusehenden Nichtigkeit des Patents oder Teilen davon wird das Verletzungsgericht das Verfahren aussetzen. Angesichts der oben erwähnten Verfahrensdauern muss man daher mit einer abschließenden Entscheidung im Verletzungsverfahren rechnen, noch ehe eine Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren gefallen ist.