
Ab 1. Dezember 2025 schützt die EU geografische Angaben auch für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse. Voraussetzungen, Verfahren und Bedeutung werden nachstehend erläutert.
Den vorliegenden Blogbeitrag können Sie sich auch in unserem
Podcast Patent, Marke & Co. anhören.
Geografische Angaben bislang für Lebensmittel
Geografische Angaben sind in der Europäischen Union seit vielen Jahren ein zentrales Schutzinstrument. Sie sichern Bezeichnungen von Produkten, die durch ihre Herkunftsregion geprägt sind und deren Qualität, Ansehen oder besondere Eigenschaften auf diese geografische Herkunft zurückzuführen sind. Gerade im Lebensmittelbereich hat sich dieses Schutzsystem etabliert.
Bekannte Beispiele sind Champagner aus Frankreich, Parma-Schinken aus Italien oder der griechische Feta. Wer ein solches Produkt kauft, kann sicher sein, dass es tatsächlich aus der angegebenen Region stammt und nach traditionellen Verfahren hergestellt wurde. Damit wird einerseits die Authentizität geschützt, andererseits wird verhindert, dass andere Produzenten den guten Ruf der geschützten Bezeichnung unrechtmäßig nutzen.
Wie bereits in unserem Blogbeitrag „Alles Feta-Käse?“ eingehender erläutert, war dieser Schutz bisher auf Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt. Für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse, die ebenfalls eng mit bestimmten Regionen verbunden sind, gab es bislang keine einheitliche europäische Lösung. Diese Lücke wird nun geschlossen.
Geografische Angabe ab Dezember 2025 auch für Handwerk und Industrie
Am 1. Dezember 2025 tritt eine neue EU-Verordnung in Kraft, die erstmals geografische Angaben auch für handwerkliche und industrielle Produkte europaweit schützt. Damit erhalten Hersteller solcher Erzeugnisse die Möglichkeit, den guten Ruf ihrer Produkte in vergleichbarer Weise zu sichern wie Lebensmittelproduzenten.
Viele Regionen Europas sind für ihre handwerklichen und industriellen Traditionen bekannt. Muranoglas aus Italien steht seit Jahrhunderten für Glasbläserkunst von höchster Qualität. Messer aus Solingen sind weltweit ein Synonym für Präzision und Schärfe. Porzellan aus Meißen oder Uhren aus der Schweiz sind weitere Beispiele für Produkte, die eng mit einer bestimmten Herkunftsregion verknüpft sind. Bisher mussten diese Hersteller allerdings auf nationale oder markenrechtliche Schutzinstrumente zurückgreifen, die nicht den gleichen Bekanntheitsgrad und die gleiche Durchsetzungskraft wie geografische Angaben hatten.
Mit der neuen Verordnung schafft die Europäische Union einen einheitlichen Rechtsrahmen. Er gilt in allen Mitgliedstaaten und sorgt dafür, dass handwerkliche und industrielle Produkte künftig den gleichen Stellenwert genießen wie Lebensmittel. Der Schutz ist nicht nur rechtlicher Natur. Er signalisiert auch, dass die EU den kulturellen und wirtschaftlichen Wert regionaler Handwerkskunst anerkennt.
Die Verordnung verfolgt mehrere Ziele. Sie soll das kulturelle Erbe Europas bewahren, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit lokaler Produzenten steigern und gleichzeitig den Verbraucherschutz stärken. Wer künftig ein Produkt mit einer geschützten geografischen Angabe kauft, der weiß, dass es tatsächlich aus der angegebenen Region stammt und nach den dort üblichen Verfahren hergestellt wurde. Damit werden Authentizität und Transparenz gewährleistet.
Die Bedeutung dieser Regelung geht über den reinen Rechtsschutz hinaus. Sie stärkt regionale Identität, schafft Anreize zur Bewahrung traditioneller Herstellungsmethoden und eröffnet den Herstellern neue Marketingchancen. Gleichzeitig können die Produkte durch den Schutz besser im Export positioniert werden, da geografische Angaben international anerkannt sind und auch in Handelsabkommen eine wichtige Rolle spielen.
Voraussetzungen einer Eintragung der geografischen Angabe
Damit ein handwerkliches oder industrielles Produkt künftig als geografische Angabe geschützt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die zentrale Bedingung ist, dass das Produkt in besonderer Weise mit einer Region verbunden ist. Diese Verbindung kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen, sei es durch die Verwendung bestimmter Rohstoffe, durch traditionelle Herstellungstechniken oder durch ein Ansehen, das unmittelbar mit der Region verknüpft ist.
Es reicht also nicht aus, dass ein Produkt lediglich in einer Region hergestellt wird. Entscheidend ist der Zusammenhang zwischen den spezifischen Eigenschaften des Produkts und der geografischen Herkunft. Nur wenn dieser Zusammenhang klar erkennbar und belegbar ist, kann eine Eintragung erfolgen.
Zudem muss die geografische Region, mit der das Produkt verbunden ist, eindeutig festgelegt sein. Unklare oder zu weit gefasste Angaben reichen nicht aus. Es soll sichergestellt werden, dass Verbraucher genau nachvollziehen können, woher ein Produkt stammt und was es mit dieser Herkunft verbindet.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Eintragung im kollektiven Interesse erfolgt. Einzelpersonen können eine geografische Angabe nicht allein für sich beanspruchen. Vielmehr sind es Gruppen von Produzenten oder Vereinigungen, die den Antrag stellen und so den Schutz für alle berechtigten Hersteller sichern.
Die Voraussetzungen verdeutlichen, dass geografische Angaben mehr sind als ein bloßer Herkunftshinweis. Sie dokumentieren eine gewachsene Tradition, die durch die Region geprägt ist, und heben die besondere Qualität hervor, die daraus entsteht. Damit wird der Schutz auch zu einem Instrument, um immaterielles Kulturerbe sichtbar zu machen und weiterzugeben.
Verfahren zur Erlangung einer Eintragung
Das Verfahren zur Eintragung einer geografischen Angabe ist zweistufig aufgebaut. Zunächst wird ein Antrag auf nationaler Ebene gestellt. Die Produzenten oder ihre Vereinigungen wenden sich an die zuständige Behörde im jeweiligen Mitgliedstaat. Dort erfolgt eine umfassende Prüfung der Unterlagen. Dabei wird kontrolliert, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ob der Zusammenhang zwischen Produkt und Region hinreichend nachgewiesen ist und ob die Region klar abgegrenzt wurde.
Kommt die nationale Behörde zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen erfüllt sind, wird der Antrag an die europäische Ebene weitergeleitet. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt das EUIPO, das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, die weitere Prüfung. Das Amt hat bereits im Marken- und Designrecht umfassende Erfahrung gesammelt und ist daher prädestiniert, auch geografische Angaben für handwerkliche und industrielle Produkte zu verwalten.
Im Rahmen der europäischen Prüfung wird der Antrag nochmals detailliert untersucht. Anschließend erfolgt die Veröffentlichung im EU-Register für geografische Angaben. Ab diesem Zeitpunkt besteht die Möglichkeit, Einwände zu erheben. Dritte, die der Meinung sind, dass eine Eintragung unzulässig wäre oder ihre eigenen Rechte verletzen könnte, können innerhalb einer festgelegten Frist Einspruch erheben.
Bleiben Einwände aus oder werden sie zurückgewiesen, erfolgt die endgültige Eintragung der geografischen Angabe. Mit dieser Eintragung ist das Produkt in der gesamten Europäischen Union geschützt. Hersteller, die gegen die Vorschriften verstoßen, können rechtlich belangt werden.
Bedeutung für Produzenten und Verbraucher
Die Einführung geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse hat weitreichende Folgen. Für Produzenten bedeutet sie vor allem eine Stärkung ihrer Marktposition. Sie können ihre Produkte besser von Nachahmungen abgrenzen, höhere Preise erzielen und sich im Wettbewerb profilieren. Gerade kleine und mittelständische Betriebe, die stark auf ihre regionale Identität setzen, profitieren von diesem Schutz.
Für Verbraucher schafft die neue Regelung mehr Sicherheit. Wer ein Produkt mit einer geschützten geografischen Angabe erwirbt, kann sicher sein, dass es tatsächlich aus der angegebenen Region stammt und nach den dort üblichen Verfahren hergestellt wurde. Damit steigt das Vertrauen in die Authentizität der Produkte.