Bei der Eintragung einer neuen Marke besteht stets die Gefahr, dass der Inhaber einer älteren eingetragenen Marke Widerspruch gegen die Eintragung der jüngeren Marke erhebt. In der Regel beruht ein solcher Widerspruch darauf, dass der Inhaber der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr zwischen jüngerer und älterer Marke erkennt oder erkennen will.
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In dem Widerspruchsverfahren wird neben der Kennzeichnungskraft, die hier außer acht gelassen werden soll, zum einen der Ähnlichkeitsgrad zwischen den sich gegenüberstehenden Marken und zum anderen der Ähnlichkeitsgrad zwischen den sich gegenüberstehenden Waren- und Dienstleistungen ermittelt, für die die beiden Marken eingetragen sind. In einer Gesamtabwägung der drei genannten Kriterien fällt die Markenstelle die Entscheidung, ob eine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Sollte dies der Fall sein, wird die jüngere Marke gänzlich oder teilweise gelöscht. Dabei kommt das Deutsche Patent- und Markenamt meist zu dem Ergebnis, dass bei gänzlich unähnlichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst dann keine Verwechslunsgefahr besteht, wenn die sich einander gegenüberstehenden Marken hochgradig ähnlich sind.
So mancher Markenanmelder nimmt diese Praxis zum Anlass, eine wohlbekannte oder gar berühmte ältere Marke in leicht abgewandelter Form für Waren und Dienstleistungen eintragen zu lassen, die den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der älteren Marke gänzlich unähnlich sind. Dabei übersieht der Anmelder der jüngeren Marke jedoch, dass nicht nur eine Löschung aufgrund der vorangehend beschriebenen Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG), sondern auch eine Löschung der jüngeren Marke aufgrund der großen Bekanntheit (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG) der älteren Marke in Frage kommt. Bei einem Bekanntheitsschutz der älteren Marke bleibt die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren- und Dienstleistungen zwar nicht unbeachtet, wesentlicher für die Entscheidung ist jedoch der Bekanntheitsgrad der älteren Marke und die Ähnlichkeit zwischen jüngerer und älterer Marke.
Diese Erfahrung musste kürzlich der Inhaber der Wort-/Bildmarke “ROLESS Furnishing” machen, die unter anderem für unterschiedliche Waren der Klasse 2 eingetragen wurde, also beispielsweise für Waren wie “Holzfarbbeizen” und “Holzkonservierungsmittel”. Dies fand der Inhaber der älteren Wortmarke “ROLEX”, die – fast unnötig zu erwähnen – insbesondere für “Uhren” und “Armbanduhren” (Klasse 14) eingetragen ist, weniger erfreulich. So erhob der Schweizer Uhrenhersteller Widerspruch gegen die Eintragung der jüngeren Wort-/Bildmarke und berief sich dabei auf die überragende Bekanntheit seiner Wortmarke “ROLEX”.
Maßgeblich für eine derartige Bekanntheit sind beispielsweise der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, geographische Ausdehnung und Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die der Markeninhaber zu ihrer Förderung getätigt hat. Tatsachen, aus denen sich die Bekanntheit einer Marke ergibt, können jedoch auch allgemein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Hierzu zählt beispielsweise auch, wenn die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt.
Im vorliegenden Fall entschied das Bundespatentgericht letztlich, dass die jüngere Wort-/Bildmarke “ROLESS Furnishing” vollständig zu löschen ist. In der entsprechenden Entscheidung (26 W (pat) 32/20) stellte der Senat fest, dass zwischen dem prägenden Bestandteil “ROLESS” der jüngeren Marke und der Wortmarke “ROLEX” des Uhrenherstellers eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit besteht. Überdies sei eine überragende Bekanntheit der Wortmarke “ROLEX” zumindest für “Uhren” gegeben, wobei auch von einer Berühmtheit gesprochen werden könne. Vor diesem Hintergrund kommt das Bundespatentgericht zu dem Ergebnis, dass für die Wortmarke “ROLEX” ein praktisch alle Waren und Dienstleistungen erfassender sogenannter “Verwässerungsschutz” in Betracht kommt. Damit steigt “ROLEX” sinngemäß in den Olymp berühmter Marken auf und trifft dort auf Marken wie “Coca-Cola”, “adidas” und “LEGO”, die ausnahmslos in jeder denkbaren Branche einem solchen “Verwässerungsschutz” unterfallen.
Die gute Nachricht für risikoscheue Markenanmelder ist, dass es bislang nicht allzu viele überragend bekannte bzw. berühmte ältere Marken gibt, die diese umfassende Wirkung losgelöst von den Waren und Dienstleistungen entfalten, für die sie eingetragen sind. Bei älteren Marken, denen dieser Status bereits gerichtlich zuerkannt wurde, heißt es jedoch: Besser gebührenden Abstand halten!