Instanzen am Europäischen Patentamt

Die Instanzen am Europäischen Patentamt sind in ein gestuftes Verfahren eingebettet, das sich vom Prüfungs- und Einspruchsverfahren über das Beschwerdeverfahren bis zur Großen Beschwerdekammer erstreckt. Wer ein europäisches Patent anmeldet oder angreift, sollte den Instanzenzug beim Europäischen Patentamt kennen, um die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nutzen zu können.

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Erste Instanz: Prüfung und Einspruch

In der ersten Instanz entscheidet die Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts über die Patenterteilung. Sie prüft, ob alle Voraussetzungen für die Erteilung eines europäischen Patents erfüllt sind. Bei mangelnder Patentfähigkeit wird die Anmeldung zurückgewiesen.

Nach der Patenterteilung können Dritte Einspruch gegen das Patent einlegen. Der Einspruch wird von der Einspruchsabteilung geprüft. Diese kann das Patent aufrechterhalten, in geänderter Form aufrechterhalten oder widerrufen.

Zweite Instanz: Beschwerde beim Europäischen Patentamt

Gegen Entscheidungen der Prüfungs- oder Einspruchsabteilung kann Beschwerde eingelegt werden. Zuständig sind die technischen oder juristischen Beschwerdekammern. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn die beschwerdeführende Partei durch die Entscheidung nachteilig betroffen, mithin „beschwert“ ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Patentbegehren eines Patentanmelders im Prüfungsverfahren gänzlich oder teilweise zurückgewiesen wurde. Auch ist eine Partei zum Beispiel dann beschwert, wenn ihrem Antrag im Einspruchsverfahren nicht stattgegeben wurde.

Im Beschwerdeverfahren wird die angefochtene Entscheidung sowohl rechtlich als auch sachlich überprüft. Die Beschwerdekammer kann die Entscheidung bestätigen, abändern oder aufheben. Sie kann die Angelegenheit auch zur erneuten Prüfung an die erste Instanz zurückverweisen. Diese Stufe stellt den zentralen Teil des Instanzenzugs am Europäischen Patentamt dar und bietet effektiven Rechtsschutz durch das Europäische Patentübereinkommen.

Dritte Instanz: Große Beschwerdekammer und Rechtsbeschwerde

Eine reguläre dritte Instanz im Sinne einer weiteren vollen Tatsacheninstanz existiert beim Europäischen Patentamt nicht. Die sogenannte „Große Beschwerdekammer“ wird nämlich nur in besonderen Fällen tätig.

Zum einen kann eine Beschwerdekammer selbst eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Großen Beschwerdekammer vorlegen, insbesondere wenn sie von früheren Entscheidungen abweichen möchte oder Rechtsunsicherheit besteht.

Zum anderen kann eine unterlegene Partei unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag zur Überprüfung einreichen, um eine Entscheidung der Beschwerdekammer wegen gravierender Verfahrensfehler überprüfen zu lassen. Materiellrechtliche Fehler können auf diesem Weg nicht geltend gemacht werden. Die Hürden für einen erfolgreichen Antrag sind dabei sehr hoch.

Aktuelle Entscheidung G1/24 der Großen Beschwerdekammer

Bei den Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer spricht man übrigens auch von den sogenannten G-Entscheidungen, von denen die wichtigsten zum Standard-Repertoire des Europäischen Patentanwalts zählen. Eine aktuelle Entscheidung der Großen Beschwerdekammer ist die G1/24 vom 18. Juni 2025. In diesem Fall hat die Beschwerdekammer in einem Einspruchsbeschwerdeverfahren richtig erkannt, dass die Große Beschwerdekammer zu befragen ist. Hierdurch sollte einerseits eine einheitliche Rechtsanwendung sichergestellt und andererseits eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geklärt werden.

Konkret ging es um die Auslegung eines Begriffes innerhalb eines Patentanspruchs während der Prüfung des Anspruchs im Erteilungsverfahren. So hat die Große Beschwerdekammer in erfrischender Deutlichkeit klargemacht, dass die Beschreibung und die Zeichnungen einer Patentanmeldung bei der Beurteilung der Patentierbarkeit einer Erfindung stets zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen sind. Also nicht nur dann, wenn der Fachmann einen Anspruch für unklar oder mehrdeutig hält.

Fazit

Der Instanzenzug am Europäischen Patentamt ermöglicht eine mehrstufige Überprüfung von Entscheidungen. Während die Beschwerde als echtes Rechtsmittel ausgestaltet ist, bietet die Große Beschwerdekammer nur in Ausnahmesituationen eine rechtliche Kontrolle.