
Bei einem unfreiwilligen Krankenhausaufenthalt in der Schweiz konnte ich mich davon überzeugen, wie fortschrittlich und innovativ die Medizintechnik ist. Aber sind medizinische Erfindungen auch dem Schutz durch ein Patent zugänglich, sprich: Gibt es ein Patent für Medizintechnik?
Den vorliegenden Blogbeitrag können Sie sich auch in unserem
Podcast Patent, Marke & Co. anhören.
Medizintechnik in Deutschland: Wirtschaftliche Bedeutung und Innovationskraft
Ein Bericht des Bundesverbandes Medizintechnologie e.V. von Anfang des Jahres 2025 lässt erkennen, welche große wirtschaftliche Bedeutung der Medizintechnik in Deutschland zukommt. So sind in Deutschland rund eine halbe Million verschiedene Medizinprodukte auf dem Markt, während über 210.000 Arbeitsplätze in der sogenannten MedTech-Branche bestehen. Interessanterweise bei einem sehr hohen Anteil von kleinen und mittleren Unternehmen, nämlich von 93 %.
Forschung und Entwicklung als Motor der Branche
Dass die Unternehmen der Branche relativ innovativ sind, zeigt sich nicht nur an der Vielzahl der Produkte. Auch die Höhe der Investitionen in Forschung und Entwicklung spricht eine deutliche Sprache. Laut Bericht werden nämlich 9 % des Umsatzes in F&E-Projekte reinvestiert – ein starker Hinweis auf die Innovationskraft der Medizintechnik.
Patent für Medizintechnik: Wie Unternehmen ihre Erfindungen schützen
Darüber hinaus ist in dem Bericht bereits angedeutet, dass die Medizintechnik-Unternehmen ihre Erfindungen auch durch Patentanmeldungen absichern. Der Bundesverband spricht hier fälschlicherweise von EU-Patentanmeldungen. Tatsächlich gibt es jedoch keine EU-Patentanmeldungen, sondern lediglich Europäische Patentanmeldungen. Die Anzahl der Europäischen Patentanmeldungen ist mit 15.683 für das Jahr 2022 jedoch korrekt wiedergegeben, zumal dies mit der Statistik des Europäischen Patentamts übereinstimmt.
Auch in aktuelleren Zahlen des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2024 sind es noch immer 15.701 Patentanmeldungen aus dem Bereich Medizintechnik, was diesem Technologiefeld den vierten Rang beim Anmelde-Ranking der technischen Gebiete – noch vor dem „Transport“ – beschert. Beim Deutschen Patent- und Markenamt werden für das Jahr 2023 immerhin 1.669 Patentanmeldungen genannt.
Voraussetzungen für ein Patent für Medizintechnik
Hiermit wäre dann auch die Eingangsfrage beantwortet, ob Patente auch für medizinische Erfindungen erteilt werden können. Letztlich gilt auch für diese Erfindungen, dass sie neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar sein müssen, ehe ein Patent hierfür erteilt werden kann.
Rechtliche Grenzen: Was nicht patentiert werden kann
Allerdings gibt es sowohl im Deutschen Patentgesetz (§ 2a Abs. 1 Nr. 2) als auch im Europäischen Patentübereinkommen (Art. 53 c) Einschränkungen.
Konkret heißt es in den Gesetzestexten:
„Patente werden nicht erteilt für Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden.“
Es besteht folglich ein ausdrückliches Patentierungsverbot für die genannten medizinischen Verfahren.
Warum medizinische Verfahren nicht patentierbar sind
Die ratio legis, also der Normzweck, ist darin zu sehen, dass Chirurgie, Therapie und Diagnose von Verfahrenspatenten freigehalten werden sollen, damit ein Arzt in der Wahl des Verfahrens frei bleibt und eine Krankheit mit der besten Methode beseitigen oder erkennen kann. Wichtig zu wissen ist, dass dabei bereits ein medizinisches Merkmal unter ansonsten nicht-medizinischen Merkmalen des Verfahrens dazu führt, dass das gesamte Verfahren nicht patentierbar ist.
Ausnahmen prüfen: Was unter das Verbot fällt – und was nicht
Wenngleich dieses Patentierungsverbot recht absolut erscheint, so muss bei jeder Neuentwicklung genau geprüft werden, ob es sich tatsächlich um ein chirurgisches oder therapeutisches Behandlungsverfahren oder Diagnostizierverfahren im Sinne des Gesetzes handelt. So kann beispielsweise ein Verfahren, das lediglich auf die Ermittlung von Daten gerichtet ist – wie zum Beispiel bei einem bildgebenden Verfahren –, jedoch keine Diagnose im Sinne einer Zuordnung der Daten zu einem Krankheitsbild beinhaltet, durchaus patentiert werden, da es kein Diagnoseverfahren im rechtlichen Sinne ist.
Medizinische Vorrichtungen: In der Regel patentierbar
Im Wesentlichen unproblematisch mit Blick auf die Patentierbarkeit sind hingegen Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren. Das Patentierungsverbot besteht somit nicht für medizinische Instrumente und Vorrichtungen, wie Chirurgenbesteck, Insulindosiergeräte, Nahtmaterial, Herzschrittmacher, Prothesen, Hör- und Sehhilfen o.ä. Ein Patent in der Medizintechnik ist also vor allem für technische Geräte und Produkte der medizinischen Anwendung möglich und ein wichtiger Schutz für Innovationen in diesem großen Markt.