Das deutsche Unternehmen Lilium, das den innerstädtischen Flugverkehr revolutionieren wollte, ist insolvent. Die Patente und Patentanmeldungen der Firma machten einen erheblichen Anteil der Insolvenzmasse aus.
Lilium und der Anspruch elektrischer Luftmobilität
Die Firma Lilium wurde 2015 in München gegründet, nachdem sich mehrere Ingenieure vorgenommen hatten, die urbane und regionale Mobilität neu zu denken. Entwickelt werden sollte ein elektrisch betriebenes Fluggerät, das senkrecht starten und landen kann und dadurch neue Transportkonzepte ermöglichen sollte. Anders als viele Wettbewerber setzte Lilium auf Mantelpropeller, die in die Tragflächen integriert wurden und sowohl die Geräuschentwicklung als auch die aerodynamische Effizienz verbessern sollten.
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Das geplante Serienflugzeug, der Lilium Jet, war als fünfsitziges Lufttaxi ausgelegt, das nicht nur innerstädtische Strecken, sondern auch regionale Distanzen abdecken sollte. Mit diesem Konzept positionierte sich Lilium bewusst oberhalb klassischer Kurzstreckenmodelle. Das Unternehmen wuchs schnell, baute Entwicklungsstandorte in Deutschland und Großbritannien auf und beschäftigte zeitweise mehrere hundert Mitarbeiter. Insgesamt flossen rund 1,5 Milliarden Euro von internationalen Investoren in das Projekt, wodurch die Erwartungen an einen baldigen Markteintritt stetig stiegen.
Technologische Schwerpunkte und Patente
Die technische Entwicklung konzentrierte sich auf eine vollständig elektrische Architektur, bei der Hochvolt-Systeme das Fundament der Energieversorgung bildeten. Ergänzt wurden diese durch Batteriemanagementsysteme, die für Sicherheit, Temperaturkontrolle und Lebensdauer der Batterien entscheidend waren. Hinzu kamen komplexe Softwarelösungen für Flugsteuerung und Stabilisierung, deren Zuverlässigkeit für eine spätere Zulassung erforderlich gewesen wäre.
Da viele dieser Lösungen Eigenentwicklungen darstellten, meldete Lilium frühzeitig zahlreiche Patente an. Das Patentportfolio umfasste mehr als 300 Schutzrechte, die Hochvolt-Architekturen, elektrische Antriebe, Batterietechnik, Flugsteuerung, Mantelpropeller sowie Flugzeugformen abdeckten. Für die spätere Patentbewertung war dabei weniger die Anzahl der Patente entscheidend, sondern die Frage, inwieweit diese Technologien für Wettbewerber wirtschaftlich nutzbar waren.
Finanzierung, Börsengang und wirtschaftlicher Druck
Trotz technischer Fortschritte blieb die finanzielle Lage angespannt, da die Entwicklungskosten kontinuierlich stiegen, während gleichzeitig keine Umsätze erzielt wurden. Der Börsengang an der NASDAQ brachte zwar zusätzliches Kapital, konnte jedoch die strukturellen Probleme nicht lösen. Gleichzeitig nahm der Wettbewerb in diesem Markt zu, während regulatorische Anforderungen und Zulassungsverfahren mehr Zeit und finanzielle Mittel erforderten als ursprünglich angenommen.
Insolvenz und Verkauf der Patente
Im Oktober 2024 meldete Lilium Insolvenz an, nachdem weder staatliche Unterstützung noch weitere Investoren gefunden werden konnten. Ein späterer Rettungsversuch durch neue Geldgeber scheiterte ebenfalls, so dass Anfang 2025 eine zweite Insolvenz folgte. Im Insolvenzverfahren rückten die Patente und Patentanmeldungen der Firma in den Mittelpunkt, da sie den wichtigsten verbliebenen Vermögenswert darstellten.
Eine vorangehende Patentbewertung bildete die Grundlage für die monetäre Verwertung, wobei letztlich der Verkauf des gesamten Patentportfolios an das US-Unternehmen „Archer Aviation“ erfolgte, das als direkter Wettbewerber gilt. Der Kaufpreis von rund 18 Millionen Euro zeigt, dass Patente einen hohen finanziellen Wert haben können, zumal umgerechnet etwa 60.000 EUR für jedes der im Portfolio enthaltenen Patente gezahlt wurde. Allerdings ist im vorliegenden Fall einschränkend anzumerken, dass das umfangreiche Schutzrechtsportfolio aufgrund des Insolvenzfalls wohl unterhalb des eigentlichen Wertes veräußert worden sein dürfte.
Welche Kriterien bei der monetären Patentbewertung zum Tragen kommen, das wird in einem anderen Blogbeitrag aufgegriffen.
