Markenanmeldung in China? Möglichst zweisprachig.

Sie kennen die Situation vielleicht. Man lauscht einem inhaltlich gelungenen deutschsprachigen Vortrag, wird aber plötzlich mit Begriffen wie “Awareness” oder “Diversity” behelligt, wo eigentlich “Bewusstsein” und “Vielfalt” angebracht wäre. In Deutschland scheint die Mentalität besonders ausgeprägt, fremdsprachige, insbesondere englische, Begriffe zu übernehmen und als Ersatz für vorhandene prägnantere deutschsprachige Begriffe zu verwenden, was – zumindest in meiner Wahrnehmung – eher gekünstelt wirkt und wohl eine gewisse Weltgewandtheit bzw. Internationalität zum Ausdruck bringen soll.

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Dies wird jedoch keineswegs überall auf der Welt so gehandhabt, was insbesondere bei der Betrachtung Chinas augenfällig ist. Chinesen scheinen mehr Wert darauf zu legen, die Dinge in ihrer Landessprache zu benennen, was auch für Marken gilt, die durch westliche Unternehmen in China angemeldet und dort verwendet werden, mit dem Ziel, sich den chinesischen Markt zu erschließen.

Hierzu ist jedoch anzumerken, dass sich die offizielle chinesische Sprache aus lediglich 413 Silben zusammensetzt. Demgegenüber hat beispielsweise die in Deutschland verwendete Variante des lateinischen Alphabets zwar nur wenige Buchstaben, diese lassen sich jedoch zu einer deutlich höheren Zahl von Silben kombinieren. Somit ist das Lesen bzw. Aussprechen “westlicher Marken”, die beispielsweise der deutschen oder englischen Sprache entstammen, für einen chinesischen Konsumenten mitunter erschwert. Dieser neigt infolgedessen dazu, einen klanglich und gegebenenfalls auch schriftlich passenderen Ausdruck für die “Westmarke” zu erdenken und zu verwenden. Auf diese Weise kann sich parallel zu der Marke in deutscher oder englischer Sprache ein chinesisches Kennzeichen etablieren, auf das der Markeninhaber gar keinen Einfluss hat.

Aus diesem Grunde neigen Firmen mit einer aus dem Deutschen oder Englischen stammenden Marke dazu, bei der Markenanmeldung der entsprechenden Marke in China zweisprachig vorzugehen. So wird entweder sowohl die ursprüngliche Marke als auch eine chinesische Version der Marke angemeldet oder die ursprüngliche Marke wird gleich in Kombination mit einer chinesischen Version eingereicht, wobei im erstgenannten Fall zwei voneinander unabhängige Anmeldungen erforderlich sind, während im zweitgenannten Fall lediglich eine Anmeldung notwendig ist. Wenngleich die Kombination der beiden Versionen in einer einzelnen Anmeldung natürlich kostengünstiger ist, so ist die teurere Anmeldung zweier voneinander unabhängiger Marken mit Blick auf den Schutzumfang jedoch eher zu bevorzugen.

Wie vorangehend bereits angedeutet, besteht ein Vorteil der Registrierung einer chinesischen Version der Marke darin, dass chinesische Konsumenten nunmehr dazu neigen, die vorgegebene chinesische Version der Marke anzunehmen, während die Gefahr der Etablierung eines anderen chinesischen Begriffs für die Ursprungsmarke zwar nicht gebannt, jedoch deutlich reduziert ist. Es hat sich in diesem Zusammenhang als vorteilhaft erwiesen, auf dem chinesischen Markt gleichzeitig die ursprüngliche Marke und die chinesische Version derselben auf dem Produkt, in der Werbung oder auf sonstige Weise zu verwenden. Hiervon profitiert der Wiedererkennungswert beider Versionen der Marke, wobei die chinesische Version überdies die Akzeptanz beim chinesischen Konsumenten erhöht.

In markenrechtlicher Hinsicht besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass der Spielraum für bösgläubige Markenanmeldungen durch Wettbewerber eingeschränkt wird. In der Vergangenheit haben einige Markenanmelder ihren Fokus lediglich auf die Registrierung und Verwendung der Urspungsmarke gerichtet, nicht aber auf die im chinesischen Markt stattfindende Etablierung eines chinesischen Begriffes hierfür, so dass Wettbewerber dieses Veräumnis genutzt und den chinesischen Begriff ihrerseits als Marke haben registrieren lassen. Ist hingegen zusätzlich zu der ursprünglichen Marke eine chinesische Version registriert, sind diese Wettbewerber entweder gezwungen, einen anderen chinesischen Begriff zu verwenden oder zu registrieren, oder der Gefahr ausgesetzt, dass aus der eingetragenen chinesischen Version gegen sie vorgegangen werden kann.

Ein weiterer markenrechtlicher Vorteil der zweisprachigen Markenanmeldung in China kann dann gegeben sein, wenn die ursprüngliche Marke aufgrund von Ähnlichkeit mit bereits registrierten Marken nicht eingetragen werden kann und durch das Chinesische Markenamt zurückgewiesen wird. In einem solchen Fall kann die vorangehend erwähnte Kombination von Ursprungsmarke und chinesischer Version in einer einzelnen Markenanmeldung dennoch zum Ziel führen, so dass zumindest die Kombination Schutz als registrierte Marke genießt.

Nachdem die Vorteile der Anmeldung einer ergänzenden chinesischen Version zu einer fremdsprachigen Marke offensichtlich sind, bleibt die Frage, wie man eine solche ursprüngliche Marke ins Chinesische “übersetzen” kann. Hier haben sich im Wesentlichen die folgenden Methoden etabliert.

Bei einer wörtlichen Übersetzung werden die jeweiligen Worte der Ursprungsmarke in entsprechende Worte der chinesischen Sprache übersetzt. Ein Beispiel für die wörtliche Übersetzung einer Marke ins Chinesische ist die Marke “Apple”. Hier wurde schlichtweg das chinesische Wort für “Apfel”, nämlich 苹果 (píngguǒ), verwendet. Also recht unspektakulär, aber es liegt auf der Hand, dass sich diese Methode nur für Worte mit einer Bedeutung eignet, nicht aber für Fantasiebegriffe oder Wortneuschöpfungen, für die es auch keine Worte im Chinesischen gibt.

Etwas mehr Kreativität braucht es hingegen bei einer Übersetzung nach dem Klang eines oder mehrerer Worte der ursprünglichen Marke. Hier werden einzelne Buchstaben oder Silben der Marke daraufhin geprüft, ob es eine entsprechend klingende Silbe im Chinesischen gibt. Anschließend werden diese chinesischen Silben zu der chinesischen Version der Marke verbunden, die in Gänze möglichst wie die ursprüngliche Marke klingen soll. So wurde beispielsweise die deutsche Automarke “Benz” mit 奔驰 (bēnchí), die Keksmarke “Oreo” mit 奥利奥 (àolìào) und die Modemarke “Burberry” mit 巴宝莉 (bābǎolì) übersetzt. Zwar ist die Bedeutung der entsprechenden chinesischen Version bei einer rein klanglichen Übersetzung nicht von Belang, aber sie kann – wie im Fall der Automarke “Benz” – auch sehr positiv sein. So heißt 奔驰 (bēnchí) im Chinesischen auch “galoppieren”. Man sollte bei dieser Übersetzungsmethode also die Bedeutung der chinesischen Version keineswegs unbeachtet lassen, um der Marke über die chinesische Bedeutung ein noch positiveres Image zu geben oder zumindest nicht bei einer negativen Bedeutung zu landen, die der Reputation der Marke eher abträglich ist.

Darüber hinaus besteht eine weitere Übersetzungsmöglichkeit in der Kombination der beiden vorangehend beschriebenen Methoden. Dies wurde beispielsweise bei der US-Marke “Starbucks” praktiziert, die mit 星巴克 (xīngbākè) übersetzt wurde, wobei “xīng” die wörtliche Übersetzung von Star bzw. Stern ist und “bākè” für die klangliche Entsprechung von “bucks” stehen soll.

Sollten Sie sich für die Markenanmeldung einer chinesischen Version Ihrer bestehenden Marke entscheiden, ist es unumgänglich, einen entsprechenden chinesischen Experten hinzuzuziehen. Hat dieser eine geeignete chinesische Version gefunden, so ist diese überdies in markenrechtlicher Hinsicht zu überprüfen, nämlich ob diese zum einen überhaupt markenfähig ist und zum anderen nicht mit bestehenden chinesischen Marken kollidiert.